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Abschied eines Begleiters – Ein Ritual um sich von seinen Problemen zu verabschieden

Sich einfach von seinen Problemen verabschieden. Das klingt doch spitze. Wenn es doch nur so einfach wäre, denken Sie sich jetzt vielleicht. Nun damit haben Sie recht. Es ist keineswegs immer einfach problematische Umstände, Gedanken oder Verhaltensweisen einfach so loszulassen. Gerade bei den sehr hartnäckigen Problemen braucht es dann manchmal auch professionelle Hilfe. Aber gerade, weil es nicht einfach ist, macht es Sinn es dennoch zu tun.

Es gibt einen Grund weshalb ich diesen Beitrag heute an Silvester schreibe. Überall auf der Welt feiern Menschen den Beginn des neuen Jahres und stellen sich vor was das neue Jahr alles bringen soll. Gute Vorsätze werden formuliert und Ziele gesteckt. Die meisten Menschen haben wohl etwas in ihrem Leben, wovon sie sich wünschen würden, dass es sich im nächsten Jahr ändert. Dabei ist das Jahresende aber nicht nur eine gute Zeit, um neues zu beginnen, sondern sich auch von altem zu verabschieden.

Wie wichtig Abschiede sind wissen wir alle, wenn wir uns von lieben Menschen verabschieden. Sei es für eine kurze Zeit wie einen Urlaub, eine längere Zeit, weil man am anderen Ende der Welt wohnt, oder für immer, wenn ein geliebter Mensch stirbt. Man fühlt sich vielleicht auch traurig oder zornig, wenn jemand geht, ohne sich bei einem verabschiedet zu haben. Es scheint, dass dieses Ritual des Sich Verabschiedens bei uns Menschen einen gewissen Stellenwert hat. Vermutlich aber nicht nur bei uns, bedenken wir die Abschiedsszenen bei Elefanten, wenn diese eine Zeit lang bei einem verstorbene Verwanden stehen und ihn mit ihren Rüsseln berühren.

Ich habe im Titel geschrieben, „Abschied eines Begleiters“. In der Tat begleiten uns unsere Probleme oft sehr lange und manchmal gehören sie so sehr in unser Leben, dass die Vorstellung schwerfällt wie unser Leben ohne es wäre. Kinder haben uns Erwachsenen etwas voraus. Sie setzen sich mit Themen in ihrem Leben ständig auseinander. Denken Sie daran mit welcher Leidenschaft Kinder immer wieder dasselbe Buch lesen, denselben Film anschauen oder dasselbe Spiel spielen. In meiner früheren Arbeit als Sozialkraft an einer Schule, konnte ich Kinder dabei beobachten, wie sie immer wieder die Hexe aus Hensel und Gretel verbrannten, einen Turm immer wieder aufbauten und dann selbst kaputtmachten oder einen Zug auf die Reise schickten und sich am Bahnsteig von allen Passagieren immer wieder verabschiedeten. Kinder nutzen also Spiele, im Prinzip kleine Rituale, um innere Themen zu verarbeiten.

Ganz ähnlich können auch wir Erwachsene uns von unseren Problemen verabschieden. Manchmal begleiten diese uns sogar schon so lange, dass es beinahe traurig wäre sich nicht von diesen zu verabschieden. Vielleicht möchten Sie ja ein kleines Ritual versuchen.

Nehmen Sie sich etwas Zeit und denken Sie über Ihr Leben nach. Was finden Sie in Ihrem Leben gut und wertvoll, was soll so bleiben wie es ist? Schreiben Sie es auf ein Blatt Papier und nehmen Sie sich ein wenig Zeit diese guten Dingen wertzuschätzen. Als nächstes denken Sie daran was Sie gerne in Ihrem Leben verändern möchten. Wie soll das nächste Jahr, der morgige Tag, die nächste Teamsitzung, das nächste Familienessen bei den Schwiegereltern sein? Malen Sie sich möglichst genau aus, wie diese Veränderung in Ihrem Leben aussehen würde. Schreiben Sie auch diese Veränderungen und Wünsche auf ein Blatt Papier. Als letztes machen Sie sich klar, was in Ihrem Leben weichen muss, damit diese Veränderungen möglich werden können. Einer beruflichen Veränderung muss möglicherweise der vorherige Job weichen, oder die Angst vor neuen Kollegen oder neuen Herausforderungen. Was auch immer es ist wovon Sie sich gerne verabschieden möchten, schreiben Sie es ebenfalls auf ein Blatt Papier.

Nehmen Sie sich Zeit sich mit dem was Sie auf das letzte Blatt geschrieben haben auseinanderzusetzen. Welche Gefühle kommen in Ihnen hoch, wenn Sie sich vorstellen das Sie Ihre Probleme loslassen. Möglicherweise Freude und Erleichterung. Vielleicht aber auch Trauer und Schwermut oder Angst. Keine Sorge, diese Gefühle sind völlig normal, besonders dann, wenn ein Problem Sie schon sehr lange begleitet. Wenn Sie das Gefühl haben Sie möchten Sie gerne verabschieden, überlegen Sie sich wie Sie das gerne tun würden. Vielleicht möchten Sie das Blatt gerne verbrennen, es vergraben oder vielleicht dennoch in einer Schublade aufbewahren. Verabschieden Sie sich von Ihren Problemen erst dann, wenn Sie dies in einer würdevollen Art tun können. Würde Sie gerne darauf spucken und es voller Abscheu die Toilette hinunterspülen, dann bedeutet dies wohl, dass dieses Problem noch einen gewissen Stellenwert in Ihrem Leben hat mit welchem Sie sich zuerst auseinandersetzten müssen. Denken Sie an das Sprichwort, „Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit“. Hassen Sie Ihr Problem, dann ist es wohl noch zu wichtig für Ihr Leben, als dass es sich einfach verabschieden ließe.

Nehmen Sie sich ein wenig Zeit, wenn Sie ihr Problem verabschieden. Vielleicht sprechen Sie sogar ein paar Worte oder halten eine Schweigeminute. Wenn Ihnen dies albern vorkommt, dann machen sie etwas anderes. Es geht nur darum, dass Sie sich auch emotional verabschieden können. Jetzt denken Sie sich vermutlich, „mit dem einem Mal soll also mein Problem verschwunden sein?“. Nun vielleicht nicht. Aber denken Sie an die Kinder, wenn Sie spielen. Sie wiederholen alles vielfach und verlieren dann irgendwann die Lust daran und wenden sich etwas Neuem zu. Vielleicht ist genau das der Schlüssel.

Und wenn Sie noch das Blatt vor sich haben, auf welches Sie die Veränderungen geschrieben haben, welche Sie sich in ihrem Leben gerne wünschen würden.  Werfen Sie es nicht weg. Behalten Sie es auf. Vielleicht in einer Schublade, in welcher Sie wissen das es gut aufgehoben ist. Auf jeden Fall wird sich mein nächster Beitrag diesen Wünschen und Veränderungen widmen.

 

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