„Psychologen geben einem nie eine konkrete Antwort“
So oder ähnlich lauten viele Kommentare, wenn es um die Erfahrungen mit psychologischen Gesprächen geht. Und das nicht zu Unrecht. Tatsächlich hüllen sich viele Psychologen und Berater in Schweigen oder werfen Ihnen den Ball zurück, wenn Sie gerne eine konkrete Antwort hätten. Sei es zu der Person des Beraters, zum Rahmen der Sitzung oder zu Fragen die sich auf Sie selbst beziehen. Als Antwort die Frage „Was denken Sie?“ zu erhalten, kann da unbefriedigend sein. Diese so genannte Gegenfrageregel kommt aus der Psychoanalyse. Auf eine Frage sollte mit einer Gegenfrage geantwortet werden. Zum Beispiel, „Was denken Sie?“, „Welche Gründe mag es geben, dass Sie mir diese Frage stellen?“ oder „Was geht Ihnen gerade durch den Kopf, da Sie jetzt diese Frage stellen?“. Mit dieser Regel soll der Klient dazu gebracht werden wieder über sich selbst nachzudenken. Die Reaktion des Beraters wird sich aber auf die Art der Information beziehen, welche Sie als Klient von ihm haben möchten. Sehen wir uns ein paar typische Situationen an, die in einer Sitzung immer wieder auftauchen können.
Fragen zum Rahmen der Beratung
Für Sie als Klienten ist es wichtig sich in der Beratung zurecht zu finden. Das bedeutet Sie brauchen Informationen. Zum Beispiel wie lange eine Sitzung dauert, wie viel sie kostet, mit welcher Methode gearbeitet wird, ob bei einem Nichterscheinen das Honorar trotzdem zu bezahlen ist und ähnliches. Diese Informationen stehen Ihnen zu. Ein Berater ist verpflichtet Sie zu Beginn Ihrer gemeinsamen Arbeit über den Rahmen und den Inhalt der Beratung, die er anbietet, aufzuklären. Hüllt sich ein Berater hier in Schweigen, ist es wohl besser wieder zu gehen.
Fragen zur Person des Beraters
Es kann vorkommen, dass sich im Laufe einer Beratung Fragen stellen, die den Berater als Ziel haben. Zum Beispiel welche Hobbys er hat, wo und wann er in den Urlaub fährt, ob er verheiratet ist oder ob er das Problem mit dem Sie als Klient aktuell kämpfen denn nachvollziehen kann. Manche Klienten interessieren sich sehr für die Person, die Ihnen bei der Bewältigung Ihrer Probleme helfen soll und manche nicht. Ob Sie von Ihrem Berater Antworten auf solche Fragen erhalten werden, hängt zum größten Teil von dessen Persönlichkeit ab. Manche Berater teilen mit ihren Klienten gerne kurze Geschichten aus ihrem Leben, um als Mensch greifbar zu werden. Andere werden persönliche Fragen nicht beantworten und darauf verweisen, dass Sie für die 50 Minuten bezahlen und diese Zeit am besten mit der Arbeit an Ihrem Problem gefüllt ist.
Manchmal kann ein Berater auch sagen, dass er Ihnen zum gegebenen Zeitpunkt eine Antwort auf Ihre Frage geben wird, aber zuerst möchte er mit Ihnen verstehen, weshalb Sie diese jetzt gerade stellen.
Fragen, die Sie als Klient oder Ihr Problem betreffen
„Glauben Sie ich werde dieses Problem jemals überwinden?“
„Was denken Sie sollte ich tun?“
„Was glauben Sie ist die Ursache für mein Problem?“
„Denken Sie meine Ehe ist noch zu retten?“
Sie sind in die Beratung gekommen, um Antworten zu finden. Es ist ganz natürlich sich Antworten von seinem Berater zu erhoffen. Die ernüchternde Antwort ist, Ihr Berater kennt diese Antworten ebenfalls nicht. In der Ausbildung zum Psychologischen Berater gibt es keine Seminare mit den Titeln „Eherettung leicht gemacht“, „10 Wege jedes Problem zu lösen“ oder „Welche Lösung passt zu welchem Menschen“.
Ich möchte Sie an die Bild-Metapher in meinem ersten Beitrag erinnern. In einer Beratung geht es darum, dass Sie Ihr eigenes Bild Ihrer Probleme und Lösungen entwerfen. Ein gesamtes Bild Ihres eigenen Lebens. Ein Malen-nach-Zahlen-Bild wird nie genau das Treffen, was Sie gerne gemalt hätten. Genauso wird ein Ratschlag eines Beraters nie so exakt in Ihr Leben passen, wie Ihre eigenen Ideen.
Stellen Sie sich vor Sie säßen vor einer Leinwand. Sie haben bereits etwas gemalt, aber Sie sind damit nicht zufrieden und wissen nicht was auf dem Bild fehlt. Stellen Sie sich nun auch vor Sie hätten einen Künstler an Ihrer Seite. Dieser würde Ihnen vorschlagen, Sie sollten doch mal Gelb nehmen, oder den größeren Pinsel verwenden, oder Ihr Bild umdrehen. Letzten Endes wären dies immer die Ideen eines anderen Künstlers und nicht die Ihren.
Stellen Sie sich stattdessen einen Künstler vor, der Ihnen auf Ihre Frage was Sie nun tun sollen die Frage stellt, „Wonach wäre Ihnen jetzt gerade, wenn Sie Ihren Blick über Ihre Farben und Materialien streifen lassen?“. Dieser Künstler würde Sie dazu ermutigen zu erforschen was Ihre ganz eigenen Vorstellungen sind. Ganz genau so macht es auch ein Berater. Niemand kennt Ihr Leben und Ihre Umstände besser als Sie selbst. Wenn er Ihnen also die Gegenfrage stellt, „Nun, was denken Sie?“, dann tut er dies nicht aus Faulheit, Inkompetenz oder um Sie zu schikanieren, sondern weil er weiß, dass keiner seiner Ratschläge so wertvoll wäre, wie Ihre eigenen Einfälle.